
Was für ein grauer, lauter Tag in Buenos Aires. Schon in der Nacht wurde ich von lauten Protesten und Autokorsos wach. Menschen aus dem ganzen Land waren in die Hauptstadt gekommen, um ihre Ex-Präsidentin zu unterstützen, die heute vor Gericht bezüglich ihrer Rolle in der Panama-Papers-Affäre aussagen sollte. Meine Couchsurfing-Gastgeberin riet mir, mich tagsüber nicht großartig in der Innenstadt aufzuhalten, da es zu Demonstrationen von Fürsprechern und Gegnern Kirchners kommen würde und somit möglicherweise zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Und dieser Regen. Genau der richtige Tag, um einen Abstecher ins Nachbarland Uruguay zu machen.
Erster Stop Colonia del Sacramento, eine kleine Kolonialstadt, die viel Charme versprach. Eine gute Stunde dauert die Fährfahrt über den Río de la Plata. Du kannst dein Ticket über drei verschiedene Anbieter buchen. Ich habe mich für ColoniaExpress entschieden. Etwas teurer waren SeaCat und Buquebus. Am besten du gehst schnell in die Büros der drei Anbieter, die alle auf der gleichen Höhe der Avenida Córdoba liegen und lässt dir die aktuellen Preise sagen, denn die Website ist etwas kompliziert (du musst für die Buchung einen Account anlegen etc.).
Begleitet von den Trommelschlägen der Demonstranten und dem unaufhörlichen Geplätscher des Regens hechte ich also zum Hafen, bin viel zu früh, trinke einen Milchkaffee und beobachte die vorbeiziehende, klitschnasse Menschenmenge. Wow, denke ich. Die müssen ganz schön überzeugt sein von dem, was sie tun.
Colonia empfängt mich mit strahlendem Sonnenschein und knallblauem Himmel. Was für ein Kontrast zu Buenos Aires.
Ich verlasse die Fähre und mache mich auf die Suche nach meinem Hostel „El Viajero„. Ein freundlicher, bunter Ort! Kunterbunte Bürgersteige, blaue, rote, grüne und gelbe Häuser. Hier gefällt es mir. Recht schnell finde ich meine Unterkunft und lasse mir von den freundlichen Mädels an der Rezeption noch ein schönes Café empfehlen. El Viajero ist ein nettes, kleines Hostel mit schnuckeligem Innenhof und toller Dachterasse. Ich schlafe in einem Vierer-Frauenzimmer mit eigenem Bad. Prima! Dann mal los den Ort erkunden. Boah, ist das heiß. Beim Packen in Buenos Aires bin ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen mir ein Tshirt mitzunehmen, zu kühl war es dort und ich zu dankbar für jedes unnötige Teil, das nicht in meinen Daypack – der für die 3 Tage in Uruguay als Backpack dient – muss. Jetzt schwitze ich. Das schreit nach einer Kaffeepause. Eine riesige, pinke Bougainville, die sich an einer Hauswand rekelt, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Sofort erfüllt sich mein Herz mit einem wohlig heimatlichen Gefühl. Erinnerungen an unseren kleinen Hof auf Mallorca schießen mir in den Kopf. Schön. Hier bleibe ich erstmal. Ich setze mich in das Café – zufällig das mir empfohlene – in die Sonne und genieße den Moment. Ich bin sehr, sehr glücklich.Frisch gestärkt und mit ein paar Sommersprossen mehr auf der Nase laufe ich weiter durch Colonia, erfreue mich der Farben, steige auf den Leuchtturm und esse mein erstes Asado solo. Wunderbar. Zurück im Hostel sprechen mich direkt zwei Australierinnen an, sie reisen auch allein und wir teilen uns ein Zimmer. Ein paar Minuten später gesellen sich ein deutsches Paar und ein Niederlander zu uns und der Abend ist perfekt.
Am nächsten morgen geht es mit dem Bus weiter nach Montevideo. Dreieinhalb Stunden dauert die Fahrt. Ich versuche wach zubleiben, um so viel wie möglich von der Landschaft zu sehen und staune über die vielen kleinen, extrem akkuraten, fast schon penibel gepflegten Landhäuser, mit ihren symmetrischen Zäunen und abgezählten Bäumen. Irgendwie skurril.